Annekatrin Junge freut sich über ihre Gurkendosentrommel. Mit Bindfäden befestigte sie mehrere, unterschiedlich große, Topfdeckel an einer riesigen Konservenbüchse, wie sie normalerweise in Großküchen verwendet wird. Angeschlagen werden die Deckel mit einer Schöpfkelle aus der Küche. Die hat die Erzieherin des evangelischen Kindergartens Hüffen ebenfalls an der leeren Dose angebracht. Mit einem Metallbohrer bohrte sie dafür in den Kellenstil ein Loch, ein Faden verbindet ihn nun mit der Dose. Die ganze Konstruktion wandert von der Werkstatt des Jugendhof Vlotho in die Kita. Dort schlagen die Kinder auf die Deckel, die beim Kontakt mit der Gurkendose unterschiedlich klingen.
Kita & Co veranstaltete die eineinhalbtätige Werkstatt. Das Interesse war groß, sehr gerne hätten noch mehr Fachkräfte aus den am Projekt des Kreises Herford und der Carina-Stiftung beteiligten Kitas und Grundschulen mitgemacht. Annekatrin Junge baute auch noch eine kleine und eine große Klatschorgel, die vor allem aus unterschiedlich großen Plastikrohren besteht. Sehr vielfältig sei der Workshop gewesen, berichtet sie anschließend, „ich habe viel Informationen zu Musik und Klängen bekommen und tolle Unterstützung erhalten, Instrumente zu bauen“.
Das Lob gibt Peter Ausländer von der Mobilen Musikwerkstatt gerne zurück. Die Teilnehmer seien unglaublich fleißig, konzentriert und engagiert gewesen. Alle haben in kürzester Zeit gleich drei Instrumente gebaut. Ein kreativer Rausch, der kein Rauschen, sondern jede Menge Klang hervorbrachte.
Den Kopf der Werkstatt bildet Peter Ausländer. Er ist seit 2009 Professor für Musik und Bewegung am Fachbereich Sozialwesen der Fachhochschule Bielefeld. Mindestens genauso wichtig ist, dass er seit fast 20 Jahren Instrumente baut. Ermüdende Routine scheint sich bei ihm nicht einzustellen. Im Gegenteil, jede Konstruktion wird von ihm getestet und optimiert. Damit die Windharfe klingt, ist selbstredend Wind von Nöten. Und so läuft er draußen hinter der Werkstatt auf und ab, auf der Suche nach einem Wind oder zumindest einer Böe, die die Mauerkordel in der Harfe zum Schwingen und Singen bringt. Der Testlauf wird dabei zugleich zu einer Demonstration für vorbeikommende Besucher.
Um die Kreativität der Fachkräfte aus zwölf Einrichtungen an die richtigen Maschinen und zu den praktikablen Materialien zu lenken, arbeitet Peter Ausländer mit einem kleinen Team an Instrumentenbauern zusammen. Die Mitarbeiter der Mobilen Musikwerkstatt der Vlothoer Arbeitsgemeinschaft »Musik-Szene-Spiel« sind alles gestandene Handwerker. Versiert, wenn es darum geht, zu bohren, zu sägen oder zu fräsen und dieses anderen zu vermitteln. Die Maschinen sind notwendiges Handwerkzeug. Material und Resonanzraum ist vor allem das, was die Natur hergibt. Durch die Instrumente nehmen die Kinder in den Kitas wahr, das Buche, Fichte oder Eichte durchaus unterschiedlich klingen und lernen Klang jenseits von digitalen Medien kennen.
Beim Workshop sind es aber zunächst die Fachkräfte aus den Kitas, die ihre neuen Instrumente gemeinsam ausprobieren. Peter Ausländer stimmt das Lied »Dat du min Leevsten bist« an, alle singen, zupfen, schlagen und klopfen mit. Die Stimmung ist entspannt und gelöst, alle sind zufrieden mit dem, was sie geschaffen haben.
Die Gewerke, die in den Zweierteams aus den zwölf Kitas entstanden, ermöglichen »physikalische Grunderfahrungen der Schallentstehung«, erläutert Peter Ausländer. Lauschstationen laden die Kinder ein, Klänge zu erzeugen. Die Ergebnisse sind auch auf dem Kreisgeschichtsfest am 6. und 7. September 2014 in Rödinghausen zu bewundern und auszuprobieren. Dorthin entleihen die Kitas für die zwei Tage ihre Instrumente.
»Wir haben beschlossen, weitere Tagesworkshops in den Kitas zu finanzieren«, berichtet Christina Altenbernd, Projektmanagerin von Kita & Co. Dann sind nicht nur Fachkräfte dabei, sondern auch Kinder und Eltern. Diese einfache Form der Musik begeistert, weil aus Alltagsmaterialien klingende Körper entstehen. Das ist auch für Kinder hochspannend.